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Bewahrer einer jahrhundertealten Tradition
Auf dem Weg zu Markus Schwaighofers Hof sind sie nicht zu übersehen: Die zahlreichen weißen Punkte auf den Fieberbrunner Wiesen. Sie gehören zum Landschaftsbild des Tiroler Unterlandes wie der Speck zur Jause. Das hier ist Schafland, schon seit Jahrhunderten. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts herrschte auf den Tiroler Schwaighöfen – so werden Bauernhöfe in Hoch- und Haupttälern genannt, auf denen überwiegend Viehzucht und Milchwirtschaft betrieben wird – die Schafzucht vor. Die „Kuh des armen Mannes“, wie das Schaf oft abwertend betitelt wurde, war bis ins 19. Jahrhundert hinein wertvoller Lieferant von Fleisch, Milch, Fett und Wolle. Beinahe hätte das Schwein das Schaf und dessen Fleisch zur Jahrhundertwende ganz aus der Region und der österreichischen Bergbauernküche verdrängt – aber glücklicherweise nur fast. Und Menschen wie Markus Schwaiger ist es zu verdanken, dass dieses landwirtschaftliche und kulinarische Erbe auch in Zukunft nicht verloren geht.
2003 hat Markus mit der Schafzucht begonnen. Weil er eine Leidenschaft dafür hat und die benötigte Fläche, um die Tiere artgerecht im Freiland zu halten. „Ich würd‘ gerne ganz davon leben können“, sagt er auf dem Weg zu seiner Weide, wo sich eine Gruppe Schafe ob unseres Anblicks vorsichtshalber ein bisschen dichter zusammendrängt. „Vielleicht geht das ja irgendwann, aber derweil mach‘ ich es im Nebenerwerb.“ Markus züchtet hier auf 970 Höhenmetern „Île de France“-Schafe, eine besonders große und fruchtbare Fleischrasse, die aus Merinoschafen durch Einkreuzung der englischen Leicester gezüchtet wurde. Ihr Vorteil: Die Rasse ist „geländegängig“, steile, nasse Berghänge mit weichem Boden bereiten den Tieren keine Probleme. Rund 40 Schafe leben auf Markus‘ Hof, rund ein Drittel des produzierten Fleisches ist Lammfleisch von 4–5 Monate alten Tieren. Was die Qualität ihres aromatischen, zart-rosa Fleisches ausmacht, ist vor allem die Art und Weise, wie Mutter- und Jungtiere hier leben und welches Futter sie vorfinden. Sobald es die Witterung zulässt – im Idealfall Anfang Mai – kommen die Schafe bis November auf die Weide und ernähren sich fortan nur noch von schmackhaften Wiesenkräutern und Gras.
So ein mä(h)chtig gutes Leben führen auch die Schafe von Simon Wolf, der uns ein paar Stunden später auf seinem Hof mit Blick auf den Wilden Kaiser begrüßt. Aus dem an das Wohnhaus angrenzenden Wirtschaftsgebäude dringt kurz aufgeregtes Blöken und Mähen. „Mutterinstinkte!“, erklärt Simon lächelnd. Die Mütter, von denen er spricht, haben vor einiger Zeit gelammt, im Herbst ziehen sie mit ihren flauschig-weißen Wollknäueln wieder in den wohlig-warmen, mit Stroh eingestreuten Laufstall am Hof. Wie auch Markus Schwaighofer betreibt Simon die Schafzucht im Nebenerwerb. „Naja, ich bin halt mit der Schafhaltung aufgewachsen, und ich hab‘ von Kindesbeinen an eine Leidenschaft dafür entwickelt … die hat mich nie ganz losgelassen“, sagt er. Als er den alten Bauernhof, einst im Familienbesitz seiner Frau, mit ihr gemeinsam übernahm, umbaute und modernisierte, wollte Simon auch den landwirtschaftlichen Betrieb wieder aufnehmen. Mit Schafen, natürlich. Vor sechs Jahren stallte er die ersten Mutterschafe ein, heute zählt seine Herde 30 Tiere. Deren Leben folgt einem traditionellen Rhythmus, der die alpenländische Kultur seit Jahrhunderten prägt: Jedes Jahr Mitte Mai werden Simons Schafe auf die Alm gebracht, genauer gesagt auf 2.600 Meter Höhe ins Lechtal. Dort oben ist das Klima auch im Sommer mitunter recht rau und feucht, aber Simons Tiroler Bergschafe sind besonders widerstandsfähige Tiere, genügsam, robust, trittsicher – und damit für die Haltung und Beweidung von steilen Alpflächen prädestiniert. „Die Rasse ist ein idealer Landschaftspfleger, liefert schmackhaftes, zartes Fleisch und tolle Wolle, die wir natürlich auch verwerten und an den Schafzuchtverband verkaufen“, erklärt Simon. Bevor die Mütter im Spätsommer lammen, werden sie von der Hochalm runter auf 1.500 Meter transportiert, weil sie dort besser vor Fressfeinden geschützt sind. Dann dürfen Jung und Alt noch auf die herbstliche Nachweide am Hof, bevor es in den Stall geht – und „der Chef“, wie Simon ihn nennt, noch einmal vorbeischaut. Der sorgt nämlich dafür, dass es zu Ostern wieder Lämmchen gibt. Im Winter füttert Simon seine Tiere mit Heu und Silofutter, Kraftfutter ist eine absolute Ausnahme. „Das kriegen sie nur ab und an, zur Stärkung“, erklärt Simon.
Als wir den Stall betreten, wird schnell deutlich, dass diese Tiere für Simon so viel mehr bedeuten als ein Geschäft. Für jedes hat er ein freundliches, beruhigendes Wort, jedes bekommt einen zarten Tätschler. „Kuscheleinheiten gehören schon dazu!“ lacht Simon. „Und ganz ehrlich: Ich brauch das auch, dass ich jeden Tag zwei Mal in den Stall gehe, abends bei einem Bier hier den Tag ausklingen und Revue passieren lass‘. Es klingt vielleicht seltsam, aber für mich ist das die beste Auszeit vom Alltag mit Job und Familie.“
Wenn die Lämmer mit einem Gewicht zwischen 18 und 22 Kilogramm dann vom Hof kommen und geschlachtet werden, ist Simon natürlich immer ein bisschen schwer ums Herz. Aber der Transport verlaufe stressfrei, die Wege seien kurz, und es mache schon auch ein bisschen stolz, zu wissen, dass man ein qualitativ so hochwertiges Produkt produziere. Markus‘ und Simons Lämmer werden im Schlachtereibetrieb Huber im nahen St. Johann geschlachtet, nur rund 20 Minuten von Simons Hof entfernt. Dort begrüßt uns Geschäftsführer Karl Huber in seinem Büro, und bevor wir einen Blick in die Produktion werfen, plaudern wir mit ihm noch ein wenig über die Geschichte seines Betriebes. Seit 1930 sei die Metzgerei in Familienbesitz, erzählt Karl, dessen Eltern immer noch aktiv mitarbeiten. Bis in die 70er-Jahre war die Schlachterei noch im Ortszentrum angesiedelt. „Das war früher ganz normal, aber irgendwann war das logistisch nicht mehr möglich“, sagt Karl. 1974 entschlossen sich die Hubers zur Übersiedelung an den Ortsrand, heute beschäftigt der Betrieb 60 Mitarbeiter. Und deren Wohlergehen liegt Karl Huber besonders am Herzen. Die Arbeit in einer Schlachterei sei harte körperliche Arbeit, betont er. Da müsse man schon schauen, dass die Mitarbeiter gut versorgt seien, weshalb sie unter anderem gratis Frühstück und Mittagessen bekommen.
Aber nicht nur zu seinen Mitarbeitern, sondern auch zu seinen Lieferanten pflegt Karl ein wertschätzendes, freundschaftliches Verhältnis. Über die Jahre habe seine Familie mit den Viehzüchtern der Region eine enge, vertrauensvolle Beziehung aufgebaut. „Wir sind keine Massenproduktions-Großschlachterei, sondern ein hier tief verwurzelter Familienbetrieb, und die Bauern hier aus der Gegend sind auch keine Großbauern. Diese Kleinstrukturiertheit verbindet. Das, und der Stolz auf unsere Heimat und unsere Betriebe.“
Rund 300 Kälber und 150 Lämmer von 2.000 Bauern aus der Region werden pro Woche immer dienstags und donnerstags in Karl Hubers Betrieb geschlachtet. „Die Lämmer stammen zwar von unterschiedlichen Rassen“, erklärt Karl „aber sie sind alle hier geboren und in Weide- und offener Stallhaltung aufgewachsen.“ Nur so, sagt Karl, würde das zartfaserige, hellrosa Tiroler Kaiserlamm seinen fein-würzigen Geschmack erhalten.